31. Juli 2021 / Aktuelles aus der Stadt

Bauarbeiten bringen fast 100 Meter der alten Dortmunder Stadtmauer am Ostwall zum Vorschein

Ein Zufallsfund, der bewahrt wird

Dass die Dortmunder Bürgerschaft auf echter Geschichte läuft, wird bei Bauarbeiten in der Innenstadt sichtbar: Archäolog*innen entdeckten bei Arbeiten für eine Fernwärme-Trasse ein großes Stück der alten Stadtmauer - ein Zufallsfund, der bewahrt wird. 

DEW21 verlegt auf dem Dortmunder Stadtgebiet Fernwärmeleitungen - bei einer der jüngsten dieser Maßnahmen sind die Sachverständigen auf Historisches gestoßen: auf ein fast 100 Meter langes, überwiegend gut erhaltenes Stück Stadtmauer im Boden am Ostwall.

Dabei hatten Pläne und Zeichnungen der Stadt nicht unbedingt vermuten lassen, dass sich das Stück dort (im Bereich der Viktoriastraße) befindet: Den Erwartungen nach sollte die Mauer etwas weiter östlich unter einem Grünstreifen liegen. Aber nein: Der Mauerteil liegt exakt in der Linie der geplanten Fernwärme-Trasse, wie Fachleute der Firma Archäologen Linnemann, Quenders und Partner feststellten.

Denkmalschutz vs. Baumaßnahme
Beim Besuch der Baustelle verkündete Baudezernent Arnulf Rybicki am Freitag, 30. Juli, dass eine Lösung im Konflikt zwischen Denkmalschutzpflege und Infrastrukturbaustelle gefunden sei. "DEW21 wird die Fernwärme-Trasse etwas verschwenken."

Am Ende müsse im Straßenquerschnitt alles seinen Platz finden - einschließlich der historischen Stadtmauer: "Es handelt sich um ein Erddenkmal, deshalb ist der Boden auch der geeignetste Ort für die Mauer, um weitere Jahrhunderte zu überdauern."

Bastian Stegemann von DEW21 ergänzt: "Bodendenkmäler bedeuten für uns, dass wir unsere 'Masterpläne' immer etwas umdenken müssen." Dazu sei man aber bereit - schon in vergangenen Fällen habe die Zusammenarbeit gut funktioniert.

Extrakosten kommen auf DEW21 zu
Für DEW21 bedeutet die Trassen-Umleitung nun einen deutlichen Mehraufwand und eine zeitliche Verzögerung, was sie aber aus Respekt vor der Geschichte Dortmunds in Kauf nimmt.

Für die Bodendenkmalpflege ist der Erhalt des verhältnismäßig großen Mauer-Teilstücks ein Erfolg. Der Leiter der Stadtarchäologie Dortmund, Ingmar Luther, befürwortet, dass die Mauer nicht ins Museum gestellt wird. Zwar sei es verständlich, wenn Menschen das Bauwerk sehen wollten, aber es sei besser, die Mauer nach der nun abgeschlossenen archäologischen Dokumentation wieder dem Erdreich zu übergeben. "Die Witterungsverhältnisse waren im 12. Jahrhundert nicht so, wie sie heute sind." Mit dem Bergen ginge also auch die Zerstörung einher.

Für künftige Bauarbeiten ist das Mauerstück durch seine Kartierung und die Aufnahme in das Bodenkataster geschützt.

2018 war es Archäolog*innen bereits gelungen bei einer Tiefbaumaßnahme auf dem Ostwall zwischen Ostentor und Adlerturm die Vormauer des mittelalterlichen Befestigungswerkes nachzuweisen. Zusammen mit den Ergebnissen von der nun freigelegten Hauptmauer lassen sich erstmals größere Strukturen der Befestigungsanlage in einen Zusammenhang bringen und die Ergebnisse für die weitere Trassenplanung nutzen.

Zerstörung vs. Erhaltung
Hätte man die Fernwärmetrasse so wie ursprünglich geplant fortgesetzt, wären wohl weitere 35 Meter der Hauptmauer freigelegt und insgesamt nahezu 100 Meter des eingetragenen Bodendenkmals zerstört worden. In enger Abstimmung wurde mit allen Beteiligten (DEW21, Stadtentwässerung, Grünflächenamt, Tiefbauamt und Denkmalbehörde) kam es nun zu einer Lösung, die den Erhalt der Stadtmauer gewährleistet und die Arbeiten am neuen Fernwärmenetz nicht hindert.

Konkret hat sich die Stadtentwässerung Dortmund bereit erklärt, bei der DEW21-Baumaßnahmen auf den normalerweise strengen Abstand von 3 Metern zu beiden Seiten des Abwasserkanals zu verzichten - beziehungsweise einen Abstand von 1,50 bis 1,75 Meter zu akzeptieren, damit die Stadtbauer erhalten wird.

Für die Umleitung der Fernwärmetrasse muss nun nur ein kleiner Teil der Mauer (etwa 5 Meter) weichen. Dafür konnte eine Stelle ausgewählt werden, an der die Stadtmauer in der Vergangenheit durch ältere Bauarbeiten bereits beschädigt worden war.

Stadtmauer-Stein für den eigenen Garten?
Die entnommenen Steine der alten Stadtmauer sollen nicht zerstört werden. Vielmehr arbeitet die Stadt Dortmund als Eigentümerin derzeit an der Idee, sie einzeln an interessierte Dortmunder*innen abzugeben.

Je nach Größe könnten sie in mehreren Kategorien zu Beträgen von z.B. 30 bis 80 Euro für einen guten Zweck im Bereich Denkmalschutz versteigert werden. Die Untere Denkmalbehörde im Stadtplanungs- und Bauordnungsamt würde die weitere Organisation in ihre Hände nehmen. Im Stadtgebiet gibt es diverse Vereine oder Initiativen, die sich mit ganz verschiedenen Denkmälern beschäftigen und die sich über eine Zuwendung für ihre konkreten Projekte freuen würden.

Welche Projekte am Ende unterstützt werden und ob es vielleicht auch mehrere Initiativen sein könnten, muss bei der weiteren Planung erst noch geklärt werden. Dabei wird sich auch zeigen, auf welche Weise eine solche Versteigerung am besten organisiert werden könnte. Bis dahin ist den Steinen ein Lagerplatz auf einem Betriebshof der DEW21 sicher.

Hintergrund
Die Hauptmauer der Stadtbefestigung wurde um 1.200 nach Christus errichtet. Sie war zwischen 2,20 und 2,60 Metern tief und bis zu 9 Metern hoch. Oben auf der Verteidigungsmauer liefen Menschen und beobachteten das Umland.

Zum Zeitpunkt der größten Ausdehnung, also wahrscheinlich um 1.200 nach Christus, wies der Umfang der Stadtmauer fast 3,3 Kilometer auf und schützte den etwa 81 Hektar großen Stadtkern.
Quelle: dortmund.de | nachrichten

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