17. Juni 2025 / Aktuelles aus Deutschland und der Welt

Das Grauen von Tuam: Suche nach Babyleichen hat begonnen

Die jungen Mütter erlebten blanken Horror: Ihre Neugeborenen wurden entsorgt wie Müll. Jahre nach den ersten Funden auf dem Gelände eines abgerissenen Mutter-Kind-Heims wird in Irland wieder gegraben.

In Irland hat die Suche nach fast 800 Baby- und Kinderleichen begonnen.

Der kleine, etwas heruntergekommene Spielplatz könnte auch in jeder anderen Stadt stehen. Schaukeln, Fußballtore, nichts Besonderes. Doch unter Beton und Rasen verbergen sich hier, im westirischen Tuam, mutmaßlich Beweise für unsägliches Grauen, das einst insbesondere von ihren Familien verstoßene Mütter aushalten mussten. In dieser Woche haben die Arbeiten zur Suche von fast 800 Baby- und Kinderleichen begonnen.

In einem ersten Schritt wurden auf dem früheren Gelände eines längst abgerissenen Mutter-Kind-Heims Absperrungen aufgestellt und weitere Vorbereitungen getroffen. Die eigentlichen Ausgrabungen werden Monate dauern - und Irland erneut an die dunkle Vergangenheit erinnern.

Neugeborene und Kleinkinder, so der Stand der Nachforschungen, wurden in der von Nonnen betriebenen Einrichtung entsorgt wie Müll. Außereheliche Beziehungen und daraus hervorgegangene Babys wurden damals verachtet. Die Frauen verloren praktisch ihre Daseinsberechtigung, selbst wenn es sich um Vergewaltigungsopfer handelte.

Probegrabungen förderten Erschütterndes zutage

Entdeckt worden war das Massengrab bereits bei einer Probegrabung 2017. Gefunden wurden menschliche Überreste in «erheblichen Mengen», wie es damals hieß - Föten und Kleinkinder im Alter von bis zu drei Jahren. Bei der jetzigen Ausgrabung sollen möglichst viele durch DNA-Tests identifiziert und umgebettet werden.

Recherchen der Historikerin Catherine Corless hatten in den Jahren vor der Probegrabung ergeben, dass von 1925 bis 1961 Hunderte Kinder in der Einrichtung gestorben, aber nicht beerdigt worden waren. Vermutet wird, dass 796 Säuglinge und Kleinkinder im und um das Abwassersystem regelrecht entsorgt wurden.

«Ich bin sehr erleichtert», zitiert der Sender Sky News die Historikerin Corless. «Es war eine lange Reise.» Lange habe sie nicht gewusst, wie es weitergeht. Eine Genehmigung für eine systematische Ausgrabung war bereits 2018 erteilt worden. «Viele Unternehmen und Behördenvertreter wollten die Sache geheim halten und nur ein Denkmal aufstellen», sagte Corless der «Irish Times».

Das Leid von Tuam ist kein Einzelfall

In einem kleinen Abschnitt des Geländes wird bereits an die Toten erinnert. Der Rasen ist sattgrün, am Mauerwerk waren die großen Ziffern 7, 9 und 6 zu sehen. Neben dem kleinen Gittertor wurde eine kleine Gedenktafel mit zwei Engeln angebracht. Die Nonnen vom St. Mary's Mother and Baby Home gehörten dem katholischen Orden The Sisters of Bon Secours an.

Tuam ist kein Einzelfall. Ein Anfang 2021 veröffentlichter, unabhängiger Bericht hatte riesige Missstände in den staatlich kontrollierten und von religiösen Organisationen geleiteten Mutter-Kind-Heimen des Landes offengelegt. Zwischen 1922 und 1998 sollen in den untersuchten Einrichtungen etwa 9.000 Babys und Kinder gestorben sein. Die unverheirateten Frauen wurden ausgebeutet, teils wie Sklavinnen gehalten.

Der damalige und heute wieder amtierende Regierungschef Micheál Martin hatte sich öffentlich für das Leid entschuldigt. Auch irische Kirchenvertreter hatten sich reumütig gezeigt. Abgeschlossen ist die Aufarbeitung aber noch lange nicht.


Bildnachweis: © Andrew Downes/Odait via PA Media/dpa
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