27. Februar 2023 / Aktuelles aus Deutschland und der Welt

Alarmierend wenig Schnee: Massive Trockenheit droht

Die Vorzeichen verheißen nichts Gutes: In den Alpen liegt vielerorts nur ein Bruchteil des üblichen Schnees. Auch geregnet hat es kaum. Geht es so weiter, dürfte schon bald Trockenheitsalarm herrschen.

Hier läuft nichts: Teller eines Schleppliftes baumeln an einer Skipiste im bayerischen Schwangau, auf der noch Reste von Kunstschnee zu sehen sind.

Angesichts der vielfach geringen Schneedecke in den Alpen und des regenarmen Februars droht laut Experten bald massive Trockenheit. In Frankreich, der Schweiz, Italien und in Teilen Österreichs liege aktuell viel weniger Schnee als viele Jahre üblich, sagte der Meteorologe Klaus Haslinger von Geosphere Austria.

In Italien schlägt die Umweltorganisation Legambiente Alarm und warnt, dass in den dortigen Alpen in den vergangenen Monaten 53 Prozent weniger Schnee als im langjährigen Mittel gefallen sei. Das Problem ist nicht nur der Mangel an Schnee, sondern auch der ausbleibende Regen. Im Becken des Po, des größten Flusses Italiens, sind die Niederschläge um 61 Prozent gesunken. In Frankreich wird nach mehreren praktisch regenfreien Wochen schon jetzt ein zweiter Dürre-Sommer in Folge befürchtet.

Verantwortlich für den geringen Niederschlag sind blockierende Hochdruckgebiete über Westeuropa, die Regenfronten abdrängen. Es sei nicht das erste Mal, dass solche Wetterlagen für extrem regenarme Jahre sorgten, sagte Haslinger. Schon vor 60 Jahren habe es über Jahre wegen einer bestimmten Temperaturverteilung über Land und Meer sehr wenig geregnet. «Damals fiel der Pegel der Donau auf ein Rekord-Tief», so der Meteorologe. Es gebe Indizien, dass die globale Erwärmung diese Temperatur-Muster begünstigen könnte.

Meteorologen warnen

«Wenn im Frühjahr das Wetter so ähnlich ist wie 2022 wird sich die Trockenheit deutlich verschärfen», warnt der Agrarmeteorologe an der Universität für Bodenkultur in Wien, Josef Eitzinger. Es zeichne sich ab, dass die Flüsse viel weniger Schmelzwasser transportieren werden. «Damit fehlt die Frühjahrsspitze, die auch wichtig für das Auffüllen von Grundwasser wäre.» In Frankreich weisen nach aktuellen Daten des nationalen Wassermonitorings von 422 beobachteten Grundwassergebieten schon jetzt 125 ein sehr niedriges Niveau auf, 120 ein niedriges Niveau und 97 ein mäßig niedriges Niveau.

Wassermangel setzt auch Venedig zu, ist dort aber weniger der Trockenheit in Norditalien und ausbleibenden Regenfälle als vielmehr den jüngsten Hochdruck-Wetterlagen, dem Gezeitenverlauf und damit dem niedrigen Meeresspiegel zuzuschreiben. Wegen des Wasserstandes liegen viele Gondeln in der Lagungenstadt im Schlamm, kleinere Kanäle sind gar nicht mehr befahrbar. Bei Ebbe wurde zuletzt ein Wasserstand von mehr als 65 Zentimetern unter dem normalen Niveau gemessen.

Derweil leidet ganz Norditalien unter langanhaltender Trockenheit. Nach dem regenfreien Februar im italienischen «Food Valley» drohe ein Minus bei der nationalen Lebensmittelproduktion um 40 Prozent, schrieb die Zeitung «La Repubblica». Niemand könne sich dort an eine schlimmere Trockenheit erinnern.

Der Lago Maggiore ist laut Presseberichten nur noch zu 38 Prozent gefüllt, beim Comer See sieht es nicht besser aus. Aber auch weiter südlich in Italien macht sich die Trockenheit bemerkbar. Am Tiber in Rom sei der Wasserstand schon um 1,50 Meter gesunken, meldete die Hauptstadtzeitung «Il Messaggero».

Auswirkungen haben über Jahrzehnte zugenommen

«Das Schneedefizit von heute ist die Trockenheit im nächsten Sommer und Herbst», sagte Manuela Brunner, Leiterin Hydrologie und Klimafolgen in Gebirgsregionen beim WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos. Die Auswirkungen haben über die Jahrzehnte deutlich zugenommen. Sie hat in einer Studie festgestellt, dass die Zahl der Dürren, die durch Schneeschmelzdefizite ausgelöst wurden, im Zeitraum 1994 bis 2017 um 15 Prozent höher war als in den Jahren 1970 bis 1993. Sie geht davon aus, dass der Trend sich fortsetzt, weil die Schneefallgrenze steige. Damit sinke die Menge an Wasserreserven, die im Schnee gespeichert seien.

«Die Alpen sind eine der "Wolkenkratzer-Gebiete" Europas», sagt der Hydrogeologe Johannes Barth von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. «Es ist eine Region mit den erfahrungsgemäß höchsten Niederschlagsraten, weil hier die Wolken einfach ausgebremst werden und vor Ort abregnen.» Dabei könnten die Alpen im Vergleich zum Tiefland weniger Wasser im Grundwasser speichern. Vielmehr bestehen saisonale Wasserspeicher in Form von Schnee und Eis. «Bleiben diese Speicher wegen eines schneearmen Winters aus, so werden Gletscher weiter reduziert und angrenzende Wassersysteme wie Flüsse und Seen und auch Grundwasser weniger gespeist.»

Wegen Rekord-Tiefstständen beim Grundwasser südlich von Wien müssten sich viele Landwirte auf Einschränkungen bei der Bewässerung der Felder einstellen, meint Eitzinger. Der Pegel des ökologisch besonders wertvollen Neusiedler Sees an der Grenze zu Ungarn - er wird vor allem von Regenwasser gespeist - ist so niedrig wie nie.


Bildnachweis: © Karl-Josef Hildenbrand/dpa
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