2. April 2021 / Vereinswesen

Horst Hanke-Lindemann - Botschafter des Ambulanten Erwachsenen Hospizdienstes Dunkelbunt

Ein Interview mit Horst Hanke-Lindemann

Foto: Horst Hanke-Lindemann

Horst Hanke-Lindemann stellt sich als Botschafter an die Seite des neuen Ambulanten Erwachsenen Hospizdienstes Dunkelbunt

Der neue Ambulante Erwachsenen Hospizdienst Dunkelbunt bekommt prominente Unterstützung: Horst Hanke-Lindemann, den Dortmundern als vielseitiger Theater- und Festivalorganisator bekannt, wird Botschafter des ersten überkonfessionellen Erwachsenen Hospizdienstes in Dortmund.

Horst Hanke-Lindemann ist in Dortmund das Gesicht der Freien Kulturszene und hat viele bekannten Kulturorten und Festivals ins Leben gerufen. Im Lockdown 2020 begeisterte er das Publikum, weil es ihm gelang, innerhalb kürzester Zeit das Kabarett-Festival „RuhrHOCHdeutsch“ coronasicher in das Schalthaus zu verlegen – und damit einen einzigartigen Auftrittsort in schwierigen Zeiten zu ermöglichen. 

Zum Jahresanfang 2021 übergab Horst Hanke-Lindemann die Geschicke des Theaters Fletch Bizzel in den Hände von Cindy Jänicke und Till Beckmann. Jetzt stellt sich Horst Hanke-Lindemann als Botschafter an die Seite des Ambulanten Erwachsenen Hospizdienstes Dunkelbunt.

Der erste Befähigungskurs für Ehrenamtliche des neuen Erwachsenen Hospizdienstes beginnt am Donnerstag, 4. März. Ein zweiter Kurs ist nach den Sommerferien geplant.

Hierzu haben wir ein Interview mit Horst Hanke-Lindemann geführt:

„Dortmund unterstützt seine Kulturschaffenden gut“'
Horst Hanke-Lindemann ist in Dortmund das Gesicht hinter vielen bekannten Kulturorten und Festivals. Im Lockdown 2020 begeisterte er das Publikum, weil es ihm gelang, innerhalb kürzester Zeit das Kabarett-Festival „RuhrHOCHdeutsch“ coronasicher in das Schalthaus zu verlegen – und damit einen einzigartigen Auftrittsort in schwierigen Zeiten zu ermöglichen. Jetzt stellt sich Horst Hanke-Lindemann als Botschafter an die Seite des Ambulanten Erwachsenen Hospizdienstes Dunkelbunt.

Frage: Du bezeichnest dich selbst als „Ur-Dortmunder“. Wo bist du denn groß geworden?
Horst Hanke-Lindemann:
Ich komme aus Westerfilde. „Tante Amanda“ kenne ich schon aus Zeiten, als damals dort die Bäuerin Waffeln mit heißen Kirschen angeboten hat. Lange, bevor es eine große Gastronomie wurde. Ich finde, Dortmund ist eine schöne Stadt. Damals gab es ja noch zwei Zechen, in Bodelschwingh und in Westerfilde, die meisten Häuser waren schwarz.

Frage: Wie führte dich dein Weg in die Kulturszene?
Horst Hanke-Lindemann:
Das war ein Zufall. 1981 hatte ich Liebeskummer und eine gute Freundin fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, Theater zu machen. Das war das Ensemble Fletch Bizzel. Geprobt wurde auf einem Dachboden am Dorstfelder Hellweg gegenüber vom Straßenbahndepot, wo auch die Aufführungen liefen. Dann sind sie auf Tournee gegangen mit den Produktionen. Ich bin reingerutscht bei der Produktion der „Linie 9“. Das Stück nannte sich so, weil vor dem Haus die Straßenbahnlinie 9 fuhr. Eigentlich sollte ich die Technik machen. Als ich das erste Mal da war, fehlte jemand und dann hieß es, kannst du nicht auf die Bühne gehen und den Text einlesen? Damit war es dann geschehen. Seitdem habe ich Theater gespielt. Aber Technik habe ich auch gemacht – ich finde ganz wichtig, dass man eigentlich alles können sollte, was zu einer Theaterproduktion gehört.

Das habe ich von meinem Vater gelernt, der als Berglehrling angefangen und sich bis zum Bergingenieur hochgearbeitet hat. Und mein Vater hat alles gemacht, der konnte alles, Holzarbeiten, Tapezieren, Mauern, Elektroarbeiten, und das hat er uns als Kind auch beigebracht und vermittelt. So habe ich diese Einstellung auch ins Theater hineingebracht. Der Grund: Ich habe keine Lust, mir von irgendjemandem sagen zu lassen „Das geht nicht“. Und so konnte ich auch bei Inszenierungen ungewöhnliche Ideen umsetzen und sagen „Das geht – ich zeige dir, wie.“

Frage: Also bist du als Allround-Mann gestartet, aber vor allem auch als Schauspieler.
Horst Hanke-Lindemann: Bis 1992 habe ich im Fletch Bizzel gespielt. 1985 hatten wir das Theater Fletch Bizzel eröffnet. Weil wir in Dorstfeld nicht mehr spielen durften, suchten wir geeignete Räume und haben diese hier mit Hilfe der Wirtschaftsförderung Dortmund und dem Eigentümer Immobilien Niemeyer gefunden. Dann mussten wir die Fabrikhalle erst einmal umbauen, das Theaterhaus für unsere Verhältnisse umgestalten. Eine preiswerte Miete, Eigeninitiative sowie Städtebaumittel von Stadt und Land waren der Motor, der dies ermöglichte.

Dann lief das Theatergeschäft in der Humboldtstraße so gut an und wurde so intensiv, dass man nicht mehr gleichzeitig Schauspielen und Managen konnte. Es war wichtig, dass jemand da ist, der immer zu erreichen ist, der schaut, wo man Förderanträge stellen kann und so weiter. 

Frage: Hier im Theater Fletch Bizzel ist ja auch 1992 der Geierabend entstanden, ein echtes Erfolgsprojekt, weit über Dortmunds Grenzen hinaus bekannt.
Horst Hanke-Lindemann:
Ja, der Geierabend wurde immer erfolgreicher und wir mussten in größere Räume umziehen. Jetzt ist das alternative Karnevalsprogramm auf der Zeche Zollern II/IV in Bövinghausen angesiedelt.

Frage: Von dieser Basis aus hats du ja noch viele weitere Projekte entwickelt…
Horst Hanke-Lindemann: Ja, es kamen viele Großproduktionen zustande, im gesamten Dortmunder Stadtgebiet, beispielsweise die Theaternächste in Dortmund. Dann kamen Extraschicht-Projekte dazu. Und dann standen wir 2010 vor der Aufgabe, für die Kulturhauptstadt Ruhrgebiet ein Projekt zu entwickeln, was dieser Region entspricht – und das war dann das Kabarett-Festival RuhrHOCHdeutsch.

Frage: RuhrHOCHdeutsch gehört sicher zu einem der kulturellen Leuchtturmprojekte von Dortmund, vergleichbar mit den „Fliegenden Bilder“ am U-Turm von Adolf Winkelmann.
Horst Hanke-Lindemann:
Ja, und es ist ein Projekt, das im Kulturhauptstadtjahr gegründet wurde und nun jedes Jahr wieder in die Stadt hineingetragen wird. Es gibt noch ein Projekt, das Bestand gefunden hat in Dortmund, das Festival „Klangvokal“ – dies ist jedoch kein Projekt von uns, sondern ein Gemeinschaftswerk von vielen Akteuren.

Frage: Bei diesen Großprojekten bist du auch auf die Unterstützung der Stadt Dortmund angewiesen – war es manchmal schwierig, die Verantwortlichen dafür zu begeistern?
Horst Hanke-Lindemann:
Eigentlich nicht. Von den Projekten, die im Kulturbereich in Dortmund öffentlich unterstützt werden, habe ich die meisten angeschoben und auch mit daran gearbeitet, dass sie gut ausgestattet sind, wie auch das Depot im Norden, die dezentralen Zentren in Dortmund wie das Kulturhaus in Neuasseln. 

Ich finde schon, dass es in Dortmund gelungen ist, die Kulturszene gut zu unterstützen – es gab 2018 bis 2020 ja sogar noch eine Erhöhung des Etats für diesen Bereich. In Dortmund wird die Kulturszene gut unterstützt. Motor dieser Entwicklung war auch immer der Ex-Oberbürgermeister Ullrich Sierau.

Frage: Gleichzeitig bist du ja niemals Angestellter der Stadt Dortmund gewesen, sondern immer Vertreter der Freien Szene geblieben.
Horst Hanke-Lindemann:
Nein (lacht), ich war niemals bei der Stadt angestellt. Ich bin seit 1985 durchgehend Vorsitzender des Fletch Bizzel Stadtteil-Kultur-Treff e.V. und damit wohl einer der am längsten im Amt verbliebenen Vereinsvorsitzenden in Deutschland. Es funktioniert nicht, dass man als Freier Kulturprojekte entwickelt und gleichzeitig bei der Stadt arbeitet. Wir haben in Dortmund das Glück, dass die Stadt die Förderung Freier Projekte als Aufgabe versteht, sei es das Domicil, das Depot, das Balou oder das Fletch Bizzel.

Dortmund hat, so lange ich denken kann, eine große, vielseitige Kulturszene im Freien Bereich gehabt. Es gibt kaum vergleichbare Städte. Dafür gibt es andere Städte wie Bochum oder ganz extrem Hagen, die den Etat für die Freie Kulturszene auf Null runtergekürzt haben, weil kein Geld mehr vorhanden war. Das ist in Dortmund nie passiert, hier wurde eher versucht, im städtischen Haushalt etwas einzusparen. Wie es in Zukunft laufen wird, vor allem unter den Bedingungen der Pandemie, wird sich natürlich erst zeigen.

Frage: Ende Januar 2021 hast du die Verantwortung für das Theater Fletch Bizzel in jüngere Hände gelegt und die Leitung Cindy Jänicke und Till Beckmann übergeben. Damit dürfte gewährleistet sein, dass das Projekt neu durchstarten kann.
Horst Hanke-Lindemann: Irgendwann muss man die Nachfolge eines Theaters regeln und meistens wird das zu spät gemacht. Es gibt ja nirgends eine Datenbank, aus der du abrufen kannst, welche Produktionen und Ensembles es deutschlandweit oder weltweit gibt. Diese „Datenbanken“ befinden sich in den Köpfen derer, die seit Jahrzehnten Auftritte und Festivals organisiert haben. Und diese Datenbanken sterben irgendwann und müssten vorher ihr Wissen weitergeben. Das ist oft die Crux im Kulturbereich, egal, wo man hinschaut. Mir ist wichtig, dass ich mein Wissen weitergeben kann, solange ich noch fit bin. Ich gehe davon aus, dass Cindy und Till soviel Können einbringen, dass das Theater in eine gute und positive Zukunft starten wird. Darauf freue ich mich. Damit kann ich mich ja dann auch ein bisschen schmücken, dass ich die Leute ausgebildet habe.

Frage: Was ist wichtig bei einer solchen Übergabe?
Horst Hanke-Lindemann:
Man muss den Nachfolgern die Freiheit lassen. Man muss manchmal sehr an sich arbeiten, damit man nicht in das Fahrwasser kommt, immer zu sagen, wie man das selbst machen würde. Dadurch werden diejenigen, die in die Verantwortung kommen sollen so gehemmt, dass sie sich schon bei jedem Schritt fragen, wie denn der Vorgänger das gemacht hätte. Seitdem Cindy und Till im Haus sind, lasse ich mich hier ganz selten sehen. Ich kümmere mich um einiges, was mit Verwaltung und Finanzierung zu tun hat, aber wir sprechen über nichts, was künstlerisch passieren soll.

Frage: Du selbst kümmerst dich jetzt noch weiterhin um den Geierabend und um RuhrHOCHdeutsch. Im Lockdown 2020 hast du das Publikum beeindruckt, indem du in kürzester Zeit ein alternatives Auftrittskonzept für das Schalthaus auf Phoenix West vorgelegt hast. Wie lange hat das gebraucht?
Horst Hanke-Lindemann: Sechs Wochen. Das funktionierte allerdings nur, weil ich schon so lange in dieser Stadt aktiv bin und so gut vernetzt – dann muss man die Verantwortlichen der Stadt nicht lange bitten, sondern kann mit ihnen zusammen ein Raum- und Hygiene-Konzept entwickeln. Auch der Zeltbauer Jan de Buer machte sofort mit und strickte Lösungen. Auch das Bauordnungsamt und die Feuerwehr sorgten dafür, dass alles schnell und unkompliziert umgesetzt werden konnte. 

Der Auftrittsraum im Schalthaus hat der Stadt weitreichend positive Reaktionen in der Öffentlichkeit beschert, denn so ein Konzept gab es kaum woanders in Deutschland. Überall wurde alles abgesagt und RuhrHOCHdeutsch lief kontinuierlich durch. Auch andere mieteten den Raum. Die Mitternachtsspitzen wurden zum Beispiel vom WDR im Schalthaus aufgezeichnet. Innenminister Reul hielt hier einen Vortrag, als 400 Polizisten vereidigt wurden – die hätten auch keinen anderen Raum gehabt, wo sie diese Veranstaltung abhalten konnten.

Das zeigt eigentlich, wenn man die Bürger lässt, dass es Möglichkeiten gibt, gute Konzepte zu entwickeln, die am normalen Verwalterischen dran vorbei auch gut funktionieren. Wir hatten im Schalthaus nicht einen Krankheitsfall.

Frage: Schönes Beispiel dafür, dass in Dortmund die Kooperation mit den Freien Theatern so gut funktioniert. Wir freuen uns, mit dir einen prominenten Vertreter der Dortmunder Kulturszene gewonnen zu haben, der die Gründung des ersten überkonfessionellen ambulanten Hospizdienstes in Dortmund unterstützt.
Horst Hanke-Lindemann: 
Das Thema Sterben halte ich genau genommen immer lieber richtig weit weg von mir, weil ich ja aktiv im Leben stehe und noch viel vorhabe. Aber im Übergang vom Voll-Berufsleben zu einer ruhigeren Phase geht es natürlich auch um Themen, die dann doch mit Abschiednehmen und Loslassen zu tun haben: Das Weitergeben an die nächste Generation und auch, wie schade es ist, wenn Wissen mit in den Tod genommen wird. Wie oft sagt man „Ich hätte gerne Jimmy Hendrix oder Bob Marley heute mal erlebt, als alten Mann!“ Was wäre da passiert, in welche Richtung wäre das gegangen? Das haben wir alles nicht erlebt, sie haben das mit ins Grab genommen.

Umso wichtiger, alles weiterzugeben an die nächste Generation und daran zu denken, dass das Leben endlich ist. Es ist ein Problem, wenn Menschen nicht loslassen können.

Ich selbst könnte keine Sterbebegleitung machen, aber ich freue mich, dass es Menschen wie Euch gibt, die sich dieses Themas annehmen.

Zur Person:
Seit Anfang der Achtziger Jahre leitet Horst Hanke-Lindemann die Geschicke des Theater Fletch Bizzel, lässt Hochöfen, Phönixsee und Dortmunder „U“ zu theatralen Nächten illuminieren und verwandelt die Industriebrachen in einen Boulevard, an dem sich die Dortmunder Theaterhäuser und Ensembles präsentieren. Für den Geierabend zeichnet er seit der ersten Stunde als „Veranstalter“ für die Organisation und Durchführung verantwortlich. Seit 2010 ist er ebenfalls Künstlerischer Direktor von RuhrHOCHdeutsch, dem Kabarett Festival.

Ambulanter Erwachsenen Hospizdienst Dunkelbunt
Dresdener Straße 15 Hinterhaus
44139 Dortmund
Tel: 0231 – 533 00 881
E-Mail: hospizdienst@forum-dunkelbunt.de
Web: hospizdienst-dunkelbunt.de

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