1. März 2024 / Aktuelles aus Deutschland und der Welt

Hundebox-Prozess: 20 Jahre Haft für Mutter des Opfers

Eine Mutter und ihre Freundin sollen ein Kind in Österreich fast zu Tode gequält haben. Ein Gutachter spricht von einer «monströsen kriminellen Handlung». Das Urteil: langjährige Haft für beide.

Verurteilt wurde die Mutter wegen versuchten Mordes, Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen sowie wegen Freiheitsentziehung.

In dem österreichischen Prozess um ein fast zu Tode gequältes Kind ist die Mutter des Jungen zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.

Die 33-jährige Alleinerziehende, die ihren damals zwölf Jahre alten Sohn in eine Hundebox gesperrt hatte, wurde am späten Donnerstagabend im Landgericht Krems des versuchten Mordes schuldig gesprochen. Die Geschworenen verurteilten sie außerdem wegen des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen sowie wegen Freiheitsentziehung.

Die 40-jährige Komplizin der Mutter bekam 14 Jahre Gefängnis auferlegt. Die Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass die ehemalige Freundin der Hauptangeklagten Aufträge zur Misshandlung des Jungen gegeben haben soll. Sie wurde wegen fortgesetzter Gewaltausübung wegen Anstiftung und Beihilfe belangt. Beide Frauen sollen laut Anordnung des Gerichts in einem forensisch-therapeutischen Zentrum untergebracht werden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Psyche des Jungen «zur Gänze zerstört»

Die 33-Jährige hatte ihren Sohn über Monate gequält. Sie hatte ihn unter anderem gefesselt, geknebelt, ihn hungern lassen und eisiger Kälte ausgesetzt. Obendrein hatte sie ihn mehrfach für Stunden in eine Hundebox gesperrt. Das stark abgemagerte Kind hatte bei der Einlieferung ins Krankenhaus nur noch eine Körpertemperatur von knapp 27 Grad und befand sich in einem komatösen Zustand. Sein Martyrium hatte die Angeklagte auch in mehreren Videos festgehalten.

Als Motiv gab sie vor Gericht an, dass sie ihren angeblich aggressiven und aufsässigen Sohn zu einem braven Kind erziehen wollte. Sie bestritt aber die Mordabsicht. Die 40-Jährige befeuerte die Taten durch zahlreiche Anweisungen.

Die acht Geschworenen hatte sich vor dem Rechtsspruch rund sieben Stunden lang beraten. Die Höhe der Strafen folge daraus, dass die Beschuldigten mit ihren Handlungen ein Leben fast zerstört hätten, sagte die Richterin. Auf psychischer Ebene sei der Junge «auf jeden Fall zur Gänze zerstört» worden. Die beiden Frauen müssen dem Kind zudem gemeinsam insgesamt 80.000 Euro bezahlen.

Gutachter sieht anhaltende Gefahr

Ein Gutachter bescheinigte der Mutter eine «schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung». Der Sachverständige sprach von einer «monströsen kriminellen Handlung über langen Zeitraum». Es sei sehr wahrscheinlich, dass die Frau in absehbarer Zeit erneut schwere Körperverletzungsdelikte begehen werde. Bei der Komplizin ging der Fachmann von einer ähnlichen Gefährlichkeit aus.

Die Mutter, die schon zum Prozessauftakt am Montag in Tränen ausgebrochen war, zeigte am Donnerstag erneut Reue. Es tue ihr schrecklich leid. Sie wisse nicht, wie es so weit habe kommen können. Der Anwalt der 40-Jährigen sagte, seine Mandantin habe das Ausmaß des Leidens des Kindes nicht überschaut.

Kinder- und Jugendhilfe sah keinen Anlass zum Einschreiten

Dass die Qualen des Kindes überhaupt ein Ende nahmen, ist auch dem Einschreiten einer Sozialarbeiterin Ende November 2022 zu verdanken. Nachdem die Mutter ihren Sohn damals bei geöffneten Fenstern mit kaltem Wasser übergossen hatte und sich sein Zustand lebensbedrohlich verschlechtert hatte, nahmen die beiden Angeklagten Kontakt mit der Sozialarbeiterin auf, die nicht mit dem Fall betraut war. Diese konnte die Mutter durch mehrfache Aufforderungen dazu überreden, die Rettung zu rufen.

Im Prozess wurde auch die Rolle der Kinder- und Jugendhilfe thematisiert. Nach zwei Gefährdungsmeldungen hatte es am 28. Oktober und am 18. November 2022 unangekündigte Hausbesuche bei Mutter und Sohn gegeben. Dabei wurden zwar Auffälligkeiten festgestellt, Anlass zum sofortigen Einschreiten sah man aber nicht.

Die Kinder- und Jugendhilfe betonte im vergangenen Jahr, dass eine sofortige Prüfung der internen Abläufe nach Bekanntwerden des Falls ergeben habe, dass alle Vorgaben eingehalten worden seien. Der Abschlussbericht einer unabhängigen Expertengruppe soll demnächst der niederösterreichischen Landesregierung vorgelegt werden.


Bildnachweis: © Helmut Fohringer/APA/dpa
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

SpaceX soll die ISS aus dem Orbit holen
Aktuelles aus Deutschland und der Welt

Rund ein viertel Jahrhundert lang wird die Raumstation ISS schon betrieben und ein paar Jahre lang soll es auch noch weitergehen. Doch das Ende ist in Sicht - dabei kommt nun die Firma eines prominenten US-Milliardärs ins Spiel.

weiterlesen...
Drei Tote bei Autounfall bei Naumburg: Hinweise auf Alkohol
Aktuelles aus Deutschland und der Welt

In der Nacht zu Montag kommt im Süden von Sachsen-Anhalt ein Auto von der Straße ab, drei junge Menschen sterben. Die Polizei geht einem konkreten Verdacht nach.

weiterlesen...
Heftige Unwetter in weiten Teilen Deutschlands
Aktuelles aus Deutschland und der Welt

In Detmold kam der Regen heftig-schnell, in Dresden ging es Supermarkt-Mitarbeitern nach einem Blitzeinschlag schlecht: Vielerorts gab es Unwetter. Auch die Bahnstrecke Hamburg-Bremen ist betroffen.

weiterlesen...

Neueste Artikel

Öl tritt aus gesunkenem Tanker vor Philippinen aus
Aktuelles aus Deutschland und der Welt

Vor der Küste des Inselstaats löst ein gesunkenes Schiff Besorgnis aus. An Bord befinden sich mehr als eine Million Liter Heizöl. Die Küstenwache berichtet nun über Lecks.

weiterlesen...
17-Jähriger stirbt bei Hausexplosion - Ursache Gasdefekt?
Aktuelles aus Deutschland und der Welt

In der bayerischen Stadt Memmingen stürzt ein Haus nach einer Explosion zusammen. Trümmer fliegen mehrere hundert Meter weit. Ein Jugendlicher stirbt. Wie durch ein Wunder wird sonst niemand verletzt.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Öl tritt aus gesunkenem Tanker vor Philippinen aus
Aktuelles aus Deutschland und der Welt

Vor der Küste des Inselstaats löst ein gesunkenes Schiff Besorgnis aus. An Bord befinden sich mehr als eine Million Liter Heizöl. Die Küstenwache berichtet nun über Lecks.

weiterlesen...
17-Jähriger stirbt bei Hausexplosion - Ursache Gasdefekt?
Aktuelles aus Deutschland und der Welt

In der bayerischen Stadt Memmingen stürzt ein Haus nach einer Explosion zusammen. Trümmer fliegen mehrere hundert Meter weit. Ein Jugendlicher stirbt. Wie durch ein Wunder wird sonst niemand verletzt.

weiterlesen...